Klimafreundliches Würzburg? – Eine Tour durch die Stadt

Der Paradeplatz, einst ein lebendiger Kirchenvorplatz, wird jetzt als Parkplatz genutzt .

Zwischen Vogelgezwitscher, prächtigen Bäumen und Wiesen lädt der Ringpark zum Verweilen ein und gilt als Entspannungsoase der Stadt. Doch er erfüllt er noch eine weitere Aufgabe: Seine Bäume binden Kohlenstoffdioxid, setzen Sauerstoff frei und kühlen die Luft. Damit leistet der Park einen immens hohen Beitrag zum Klimaschutz sowie zur besseren Luftqualität der Stadt. Und das ist besonders hier in Würzburg wichtig.

Auf dem Marktplatz erfahren acht kälteresistente Interessierte an einem Dienstagabend im Oktober vom Klimaschutzmanager der Stadt, Philipp Mähler, warum: Würzburgs Lage in einem Talkessel, die dichte Bebauung entlang des Mainufers sowie viele Steinfassaden tragen zur Ansammlung von Schadstoffen und zu mangelnder Abkühlung bei. Für das Jahr 2100 werden heute schon 50 Hitzetage mehr pro Jahr und ein Anstieg der Sommertemperatur um 5 °C prognostiziert. Besonders für kranke und alte Menschen sowie Kinder ist dies besorgniserregend und kann aufgrund von Kreislaufproblemen, Hitzeerschöpfung, Schlafstörungen und Feinstaubbelastung zu einer ernsten Gefahr werden.

Philipp Mähler, Klimaschutzmanager der Stadt Würzburg, erläutert die Besonderheiten des Würzburger Klimas.

Angekommen an der zweiten Station der Tour, dem Willy-Brandt-Kai, wird deutlich, wie Klima- und Hochwasserschutz sich im Wege stehen können. Die Zunahme von Starkregenereignissen durch den Klimawandel und die damit steigende Hochwassergefahr zwingen die Innenstadt zur Aufrechterhaltung der Flutschutzmauern. Gemeinsam mit den Hausfassaden sorgen diese wiederum dafür, dass keine kühle Luft vom Main und Umland in die Innenstadt gelangt, und machen diese zu einer sogenannten „Wärmeinsel“.

Am Mainkai wird deutlich: Klima- und Hochwasserschutz stehen sich leider manchmal im Weg.

Weiter geht es zum Paradeplatz, wo über den Blechdächern der Autos etliche Linden in den Himmel ragen. Wer genauer hinsieht, kann die an ihnen befestigten Messstationen nicht übersehen. Sie und sieben weitere Stationen in Würzburg sind Teil eines deutschlandweit einmaligen Forschungsprojektes, bei dem sowohl das Wetter als auch die Leistung der Bäume am jeweiligen Standort aufgezeichnet werden. Die Daten sollen verdeutlichen, wie mithilfe der klimatischen Funktion von Bäumen zu einer klimafreundlicheren Stadt beigetragen werden kann. Außerdem soll die Öffentlichkeit für das Thema Stadtklima sensibilisiert werden.

Klimaerlebnis Würzburg: Die orangefarbene Infotafel gibt Auskunft.

„Ob das was bringt? Seit den 70ern demonstrieren wir fürs Klima und nichts hat sich getan!“, wirft eine Zuhörerin ein. Deshalb führt Philipp Mähler die Gruppe zum Kardinal-Faulhaber-Platz, der letzten Station der Tour. Hier wurde 2017 nach einem Bürgerentscheid der bisherige Parkplatz zu einer Grünfläche umgestaltet. Das Beispiel macht deutlich, dass das Engagement der Bürgerinnen und Bürger etwas bewirken konnte.

Wie wäre es also, den Paradeplatz zum Paradebeispiel zu machen, die Parkplätze zu verbannen und eine größere Grünfläche anzulegen? Bisher fehlt es den Bäumen dort und an vielen anderen Stellen der Stadt an Boden, um einen nennenswerten klimatischen Effekt zu erzielen. Der Grünflächenanteil ist zu gering. Der Ringpark allein kann die Abkühlung der Innenstadt nicht stemmen. Ein klimafreundliches Würzburg? Bisher nein. Es müssen weiter nachgiebig Wurzeln geschlagen werden.

Messergebnisse „zum Anfassen“

Wie viele Tage kann ein Mensch von der Sauerstofffreisetzung einer Linde im Ringpark atmen? Und wie viele Kilometer Autofahrt entsprechen der CO2-Bindung einer Linde am Ludwigkai? Wer dies und vieles mehr wissen möchte, kann es unter www.klimaerlebnis.de herausfinden. Die Messergebnisse können live mitverfolgt werden.

Fotos + Text: Clara Schlittenhardt

3 Gedanken zu „Klimafreundliches Würzburg? – Eine Tour durch die Stadt

  1. Gerade mit der Eröffnung des Paradeplatzes würde eine Verlängerung der Fußgängerzone auf den Paradeplatz deutlich mehr Wert schaffen. Etwas gutes für die heimische Wirtschaft und das Klima 🙂

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